Die Wahrscheinlichkeit, dass Personen über 65 Jahre mindestens einmal jährlich stürzen, liegt bei etwa 30 Prozent – mit jedem Lebensjahrzehnt steigt dieses Risiko um weitere 10 Prozent. Besonders beunruhigend: In Deutschland stürzen jährlich rund 4 bis 5 Millionen Senioren, was häufig zu Knochenbrüchen und dauerhaften Mobilitätseinschränkungen führt [Choudhury]. Diese Zahlen verdeutlichen, wie entscheidend eine korrekte Rollatornutzung für Ihre Sicherheit sein kann.
Interessanterweise kann die falsche Handhabung eines Rollators das Sturzrisiko paradoxerweise erhöhen – ein Phänomen, das Experten als „Hilfsmittel-Paradoxon“ bezeichnen. Studien der Universität Oldenburg zeigen, dass Rollatoren zwar kurzfristig die Gangsicherheit verbessern, bei längerer Nutzung jedoch zu einer Verschlechterung des natürlichen Gangbildes führen können. Die richtige Körperhaltung spielt dabei eine zentrale Rolle: Viele NutzerInnen neigen dazu, sich zu weit nach vorne zu beugen oder den Rollator zu weit von sich wegzuschieben, was die Sturzgefahr erheblich steigert.
Fahrsicherheitstrainings, wie sie beim Deutschen Rollatortag angeboten werden, können Ihre Sicherheit signifikant verbessern. Hier lernen Sie nicht nur die korrekte Handhabung, sondern trainieren auch den Umgang mit alltäglichen Hindernissen wie Bordsteinkanten oder unebenen Gehwegen. Die Deutsche Gesellschaft für Gerontotechnik empfiehlt regelmäßige Sicherheits-Checks für Ihren Rollator, ähnlich wie beim Auto. Achten Sie besonders auf funktionierende Bremsen und die richtige Einstellung der Griffhöhe – diese sollte exakt auf Ihre Körpergröße angepasst sein, um Haltungsschäden vorzubeugen.
Eine falsch eingestellte Griffhöhe zählt zu den häufigsten Ursachen für Haltungsschäden und erhöhtes Sturzrisiko bei Rollatornutzung. Die korrekte Höheneinstellung erfolgt, indem Sie aufrecht neben dem Rollator stehen und die Griffe auf Höhe Ihrer Handgelenke positionieren. In dieser Position bilden Ihre Ellbogen einen leichten Winkel von etwa 20 bis 30 Grad, wenn Sie die Griffe umfassen. Diese ergonomische Haltung entlastet Ihren Rücken und verhindert das gefährliche Nach-vorne-Beugen, das Ihr Gleichgewicht beeinträchtigen kann [Marks].
Neben der Griffhöhe spielt auch die Bremseinstellung eine entscheidende Rolle für Ihre Sicherheit. Die Bremshebel sollten ohne große Kraftanstrengung zu betätigen sein und dennoch zuverlässig greifen. ExpertInnen empfehlen, die Feststellbremse regelmäßig zu überprüfen – sie muss bei Belastung absolut zuverlässig halten, besonders wenn Sie sich auf den Rollator setzen. Achten Sie zudem auf die richtige Distanz zwischen Ihrem Körper und dem Rollator: Idealerweise schieben Sie ihn in Schrittlänge vor sich her, sodass Sie aufrecht gehen können und Ihre Arme nicht vollständig gestreckt sind.
Moderne Rollatoren bieten zahlreiche Einstellmöglichkeiten, die über die Grundeinstellung hinausgehen. Besonders wertvoll sind ergonomisch geformte Griffe, die Ihre Handgelenke entlasten und den Druck gleichmäßig verteilen. Für Menschen mit Arthritis oder eingeschränkter Handfunktion existieren spezielle Griffvarianten, die das Umgreifen erleichtern. Auch die Sitzfläche verdient Aufmerksamkeit: Sie sollte breit genug sein und eine angenehme Sitzhöhe bieten, damit Sie bei Pausen nicht zu tief sitzen und problemlos wieder aufstehen können.
Die Universität Oldenburg empfiehlt in ihrer RollGa-Studie, die Rollatoreinstellung regelmäßig durch Fachpersonal überprüfen zu lassen, da sich Körperhaltung und Gangbild mit der Zeit verändern können. Besonders nach gesundheitlichen Veränderungen wie Operationen oder längeren Krankheitsphasen ist eine Neuanpassung ratsam, um das physiologische Gangbild zu unterstützen und langfristigen Haltungsschäden vorzubeugen.
Der öffentliche Verkehrsraum stellt Rollatornutzende vor zahlreiche Herausforderungen, die bei mangelnder Vorbereitung zu gefährlichen Situationen führen können. Besonders tückisch sind unebene Gehwege, fehlende Bordsteinabsenkungen und schlecht ausgeleuchtete Bereiche. Eine Studie zur Evaluation des digitalen Rollators „DigiRoll“ identifizierte genau diese Umweltbarrieren als Hauptursachen für Stürze im Außenbereich. Interessanterweise zeigt dieselbe Untersuchung, dass die Sturzrate bei Außenaktivitäten mit einem korrekt genutzten Rollator signifikant geringer ausfällt als ohne Hilfsmittel [DigiRoll Team].
Beim Überwinden von Bordsteinkanten kommt es auf die richtige Technik an: Fahren Sie frontal auf die Kante zu, bremsen Sie kurz ab und kippen den Rollator leicht nach hinten, indem Sie die Kipphilfe mit dem Fuß betätigen. So können die Vorderräder angehoben werden, während die Hinterräder stabil auf dem Boden bleiben. Bei Abwärtsbewegungen sollten Sie den Rollator stets vor sich herschieben und niemals rückwärts gehen oder den Rollator hinter sich herziehen – eine häufige Fehlerquelle, die das Gleichgewicht empfindlich stören kann.
In engen Räumen wie Geschäften oder öffentlichen Verkehrsmitteln bewährt sich eine angepasste Gangtechnik: Verringern Sie Ihre Schrittlänge und nehmen Sie bewusst engere Kurven, indem Sie den Rollator leicht anheben, statt ihn zu schieben. Auf rutschigen oder nassen Oberflächen ist erhöhte Vorsicht geboten – hier sollten die Räder stets Bodenkontakt behalten und die Geschwindigkeit deutlich reduziert werden.
Für längere Strecken empfiehlt sich eine vorausschauende Routenplanung. Moderne Navigations-Apps bieten mittlerweile barrierefreie Routenoptionen an, die Steigungen, Treppen und andere Hindernisse berücksichtigen. Ergänzend dazu können Sie sich über Websites von Verkehrsbetrieben oder Stadtplanungsämtern über barrierefreie Wege informieren. Die Hochschule Esslingen hat in ihrer Forschung festgestellt, dass eine solche Vorbereitung nicht nur die physische Sicherheit erhöht, sondern auch das psychologische Wohlbefinden stärkt, da Angst vor unbekannten Hindernissen ein wesentlicher Faktor für eingeschränkte Mobilität bei Senioren ist.
Die Sicherheit beim Rollatorgebrauch lässt sich durch gezieltes Zubehör erheblich steigern. An erster Stelle steht eine zuverlässige Beleuchtung, die gerade in der Dämmerung und bei Dunkelheit unerlässlich ist. Moderne Beleuchtungssysteme für Rollatoren umfassen sowohl Frontlichter zur besseren Sicht als auch rückwärtige Reflektoren oder Rücklichter, die Ihre Sichtbarkeit für andere Verkehrsteilnehmer deutlich erhöhen. Besonders praktisch sind Modelle mit Bewegungssensoren, die automatisch aktiviert werden und so Batterielaufzeit sparen [Wheellator].
Ein weiteres sicherheitsrelevantes Zubehör sind rutschfeste Handgriffe, die selbst bei Nässe oder Schweiß einen sicheren Halt bieten. Diese sind oft aus speziellen Materialien gefertigt, die sich der Handform anpassen und Druckstellen vermeiden. Für Menschen mit eingeschränkter Handfunktion gibt es zudem Spezialgriffe mit vergrößerter Oberfläche oder ergonomisch geformte Varianten, die das Umgreifen erleichtern und die Handgelenke entlasten.
Die Forschung im Bereich digitaler Assistenzsysteme hat in den letzten Jahren beeindruckende Fortschritte gemacht. Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz entwickelte im Projekt ModESt ein intelligentes System, das Haltungsfehler bei der Rollatornutzung erkennt und durch gezielte Warnungen Stürze verhindert. Solche Systeme analysieren mittels Sensoren kontinuierlich die Körperhaltung und geben bei gefährlichen Positionen akustische oder haptische Signale.
Besonders wertvoll für alleinlebende Senioren sind Notrufsysteme, die bei Stürzen automatisch Hilfe alarmieren. Diese Systeme erkennen ungewöhnliche Bewegungsmuster oder plötzliche Erschütterungen und können je nach Ausführung Angehörige, Pflegepersonal oder Notdienste benachrichtigen. Die Evaluation des DigiRoll-Projekts zeigte, dass solche Funktionen das Sicherheitsgefühl der NutzerInnen signifikant steigern und dadurch die Mobilität fördern. Ergänzend dazu bieten GPS-Ortungssysteme nicht nur Sicherheit bei Orientierungsschwierigkeiten, sondern ermöglichen auch Angehörigen, im Notfall schnell Hilfe zu leisten.
Erfinder und Gründer von kiwabo