Ein Vulkanausbruch mit Folgen

Im Jahr 1816 hatten Frost, Regen und Hagelschauer in den Sommermonaten katastrophale Ernteausfälle in Europa zur Folge. Verstärkt wurde das Drama durch einen Vulkanausbruch im heutigen Indonesien, der eine Aschewolke und damit Missernten in Europa bewirkte. Plötzlich wurde aufgrund der Futterknappheit auch der Unterhalt für das bislang so günstige Transportmittel Nummer eins, das Pferd, teuer.
Dies war der Moment, in dem Karl Freiherr von Drais sich Gedanken darüber zu machen begann, wie man das Pferd ersetzen könnte. Im Zuge dieser Überlegungen wurde er 1817 zum Erfinder eines muskelbetriebenen Fortbewegungsmittels auf zwei Rädern – der Laufmaschine.

Die Laufmaschine – flexibel und innovativ

Im Gegensatz zu Dampffahrzeugen, mit denen zu diesem Zeitpunkt bereits seit gut 40 Jahren experimentiert wurde, konnte Drais’ Laufmaschine das Pferd unkompliziert im Alltag ersetzen, indem sie Menschen und kleinere Lasten transportierte. Unter Längsbalken und Sattel verrichteten an beiden Enden ähnlich große Räder wie bei heutigen Velos ihren Dienst. Dass die Räder hintereinander und nicht nebeneinander gesetzt wurden, war eine bedeutende Innovation.Nachdem man sich mit den Füßen abgestoßen hatte, ermöglichten die Proportionen dank Drais’ Berechnungen einen erstaunlich ruhigen Geradeauslauf. Man ließ sich rollen und konnte das hölzerne Vehikel durch das bewegliche Vorderrad recht handlich steuern.
Die Draisine, wie Drais’ Laufmaschine später genannt wurde, erinnert ein wenig an die bunten Laufräder, mit denen heute Kinder durch die Gegend flitzen und auf diese Weise ihren Gleichgewichtssinn für das Fahrradfahren trainieren.
Über Drais’ Jungfernfahrt am 12. Juni 1817 berichteten Zeitungen in ganz Europa: Er startete in Mannheim und fuhr Richtung Süden bis zum Relaishaus in Schwetzingen und zurück. Insgesamt ganze 14 Kilometer, die Drais auf seinem Gefährt in weniger als einer Stunde zurücklegte. Und das mit 15 km/h schneller als die übliche Postkutsche – das Publikum dieser glorreichen Testfahrt war begeistert!

Draisine Laufrad um 1817

Aus Lust am Fahren

Bald schon war die Begeisterung allerdings vielerorts verflogen. Dampffahrzeuge setzten sich allmählich als Güter- und Massentransportmittel durch, und Fußgänger fühlten sich zunehmend auf den Gehwegen von den Draisinenfahrern gestört. Ende 1817 wurde in Mannheim das erste Gehweg-Fahrverbot für Draisinen erlassen; es folgten Verbote in Paris, London, New York, Kalkutta, Philadelphia. Die Draisine hatte es so weit gebracht, sie hatte die Welt erobert, und nun sollte sie schon wieder ausgebremst und in die Ecke gestellt werden?
Vielleicht wäre es so gekommen, wenn es den Menschen damals mit der Draisine nicht gegangen wäre, wie den Kindern heute mit ihren Laufrädern: Sie hatten verdammt viel Spaß an der Sache! Aus der ursprünglichen Notlösung wurde so ein Sportfahrzeug, das einzig die Lust an der Bewegung befriedigte. Und als dann 1861 der Pedalantrieb erfunden wurde, gab es für das Zweirad kein Halten mehr. Millionen Fahrräder wurden in den Folgejahren weltweit hergestellt – allesamt auf Basis von Karl Drais’ Laufmaschine. Bis heute wurde das Sport-, Spaß- und Transportmittel Fahrrad milliardenfach verkauft und erfreut Menschen auf dem gesamten Globus. Wenn das kein Grund zum Feiern ist!
Das TECHNOSEUM Mannheim zeichnet im Rahmen der Ausstellung ‚2 Räder – 200 Jahre. Freiherr von Drais und die Geschichte des Fahrrades‘ die Entwicklung von der hölzernen Draisine hin zum Alltagsvehikel und schicken Designerbike chronologisch nach. Zu sehen seit dem 11. November 2016 bis zum 25. Juni 2017.

Heutzutage hat fast jeder ein Fahrrad. Aber… haben Sie auch schon eine dazupassende Fahrradbox?

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